Unna – Familiär und gut vernetzt

Es ist nicht so einfach im Kreis Unna, wenn man eine Krankheit hat, die einer regelmäßigen Behandlung und Beratung bedarf. Der Kreis umfasst zehn kreisangehörige Kommunen mit acht Städten unterschiedlicher Größe. Es gibt im gesamten Kreis aber nur die AIDS-Hilfe Unna als Beratungs- und Anlaufstelle für Menschen mit HIV. Man stelle sich nun vor, dass beispielsweise jemand aus Werne einer Beratung bedarf, dann ist diese Person mit öffentlichen Verkehrsmitteln für eine Fahrt mindestens eineinhalb Stunden unterwegs. Denn auch die Infrastruktur ist in diesem Kreis nicht allzu stark ausgebaut. Das hindert manche an einem Besuch in den Unnaer Büroräumen der Aidshilfe. 

Erschwerend hinzu kommt die Tatsache, dass im gesamten Kreis keine Schwerpunktpraxis für HIV/Aids existiert. Die nächsten derartigen Praxen befinden sich in Dortmund, Münster oder Bochum. Haus- und Fachärzte, die vielleicht schon das ein oder andere Mal mit HIV in ihrer Praxis zu tun hatten, sind daher im Kreis Unna eher eine Seltenheit, so dass eine Kooperation oft besonderen Herausforderungen unterliegt.

Das alles sind Bedingungen, die das Leben für Frauen und Männer mit HIV nicht unbedingt leichter machen. Was hier vor allem den nicht ganz so vielen Frauen mit HIV/Aids hilft, ist die XXelle Ruhrgebietsvernetzung. Und die Tatsache, dass einige zur Wahrung der Anonymität die Aidshilfe einer anderen Stadt aufsuchen, also beispielsweise von Bochum nach Unna kommen (und umgekehrt), auch wenn die Wege beschwerlich sein mögen.

Frauen, vor allem in ländlichen Gebieten, suchen eine Aidshilfe oft erst dann auf, wenn die Situation schon ein Stück weit eskaliert ist – sei es gesundheitlich oder psychosozial. Denn sie sind oft bereits mit Arztbesuchen, ihren Familien und deren Koordination voll ausgelastet. Dazu kommt, dass sie sich und vor allem ihre Familien vor Diskriminierung und Stigmatisierung schützen wollen, welche auch heute noch an vielen Stellen als Wegbegleiter der HIV-Infektion auftreten. Die meisten Frauen nutzen daher zur ersten Kontaktaufnahme oft und häufig auch längerfristig die telefonische Beratung in der AIDS-Hilfe Unna, bevor sie sich auf den Weg zu einem persönlichen Gespräch machen. Oder sie treffen die Mitarbeiterin Indra Kraft bei ihren Angeboten in der aufsuchenden Arbeit, hier vor allem im Drogen-, Haft- oder auch mal im Migrationsbereich.

Sitzen die HIV-positiven Frauen zusammen mit den Männern, den Angehörigen und ihren Kindern aber erst einmal in Unna beim Brunch gemeinsam am Tisch, dann kommen sie auch immer wieder. Denn das ist das Tolle: Die AIDS-Hilfe Unna ist eine kleine Aidshilfe, das macht sie familiär. Alle sind herzlich eingeladen, sich einmal im Monat hier zu treffen, zu essen und dabei über den eigenen Tellerrand zu schauen, sich mit ganz anderen Menschen auch mal über ganz andere Themen auszutauschen, sich vielleicht für eine Shoppingtour oder einen Kinobesuch zu verabreden und auf diese Weise dem Leben ein wenig mehr Leichtigkeit abzugewinnen. Es wird viel gelacht. Alle sitzen an einem großen Tisch, so dass jede*r die Chance hat, die Eine oder den Anderen kennenzulernen. Auch Neuankömmlinge werden immer gerne und freundlich aufgenommen. Dieser monatliche Brunch ist das einzige vernetzende Angebot für Menschen mit HIV und ihre Angehörigen im gesamten Kreis Unna!

Die Frauen, die von sich aus in die AIDS-Hilfe Unna kommen, ohne vorher bereits Kontakte zu Indra gehabt zu haben, gehören meist keiner besonderen Gruppe an, sondern kommen aus der Mitte der Gesellschaft. Sie stehen nicht einfach vor der Tür, sondern sind auch hier vorsichtig und rufen erst einmal an, tasten sich langsam vor. Die AIDS-Hilfe Unna hat auch nicht die Kapazitäten, um mit "Riesenprojekten" nur für Frauen auf sich aufmerksam zu machen. Dafür kommen nicht genug Frauen, die dann in der Regel auch ganz unterschiedliche Bedürfnisse, Vorstellungen und Hintergründe haben, um sie auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen. Insofern macht eine Gruppe ausschließlich für Frauen in der AIDS-Hilfe Unna keinen Sinn, was wiederum dazu beitragen kann, dass einigen Frauen der Anreiz zur Kontaktaufnahme fehlt.

An dieser Stelle kommt der XXelle Ruhrgebietsvernetzung eine große Bedeutung zu. Hier werden Events im Ruhrgebiet angeboten, beispielsweise das "Weihnachtsbacken" in Dortmund, die Aktion "Komm in Bewegung" mit Sportgruppen in vielen Städten des Ruhrgebietes, Tagesausflüge für die Familie auf den Ketteler Hof, etc. Es sind gut zu erreichende Angebote in gut zu erreichenden Städten.

"Ohne Vernetzung wäre in Unna keine Frauenarbeit möglich" sagt Indra dazu. Denn neben den Angeboten für die Frauen ist auch der Wissens- und Erfahrungstransfer untereinander enorm wichtig. Die Zeit reicht kaum aus, um sich so detailliert wie nötig in die jeweilige Problematik einer Frau einzuarbeiten, sei es auf medizinischem, rechtlichem oder auch sprachlich-kulturellem Gebiet. Es gibt – so sagt Indra – nie ein Standardverfahren im Umgang mit Frauen mit HIV, jeder Fall ist einzigartig, ist neu, man muss sich auch in der Beratung jeweils neu orientieren und kann einfach nicht alle Krankenhäuser oder Asylrechtparagrafen kennen. Da ist es gut, wenn man weiß, wen man fragen kann. Indra und die anderen Beraterinnen können hierzu auf den Wissenspool der Vernetzung zurückgreifen, denn hier sind auf dem „kleinen Weg“ viele Informationen möglich.

Die AIDS-Hilfe Unna hat, wie schon erwähnt, auch aufsuchende Angebote in ihrem Portfolio. So bietet Indra im Rahmen der "Veranstaltungen außer Haus" im Krankenhaus der örtlichen Justizvollzugsanstalt zweimal monatlich eine freie Gruppe an. Zum Fragen, zum Vernetzen und auch zum Abmotzen. Der Themenkomplex HIV und Hepatitis steht dabei klar im Vordergrund. Mit der Gruppe soll den Frauen auch in einem geschlossenen System wie der JVA der Weg zur Aidshilfeberatung geöffnet werden.

"Lüsa" ist der Name eines Gesprächsangebots in einem Wohnprojekt für drogengebrauchende Frauen und Männer in Unna. Auch hier wird in den gemischten Wohngruppen bei den Treffen der Aidshilfe über alles im Zusammenhang mit Hepatitis und HIV gesprochen.

Und es gibt den Kontaktladen der Drogenberatung in Unna, den Indra regelmäßig zweimal monatlich besucht und wo sie sich für Gespräche zur Verfügung stellt.

Zu guter Letzt finden ab und an auch Infoveranstaltungen in anderen Einrichtungen statt, bei denen Indra immer gern die Gelegenheit ergreift, auch den Mitarbeiter*innen anderer sozialer Angebote über das heutige Leben HIV-positiver Frauen und Männer, deren Schwierigkeiten und Herausforderungen, zu berichten.

Es gibt sie also auch in der AIDS-Hilfe Unna, die HIV-positiven Frauen aus der Drogenszene, aus der Haft oder die Frauen mit Zuwanderungsgeschichte. Und die Frauen, die zu keiner besonderen Gruppe gehören. Alle haben Ihre Geschichten, ihre Kultur, ihre Fragen und ihre Bedürfnisse. Mithilfe der Kolleg*innen und der gebündelten Angebote der XXelle Ruhrgebiet kann auch der XXelle Standort im Kreis Unna vieles für sie möglich machen.

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